Bildung, Kunst und Unterhaltung: Jüdische Verleger und russische Kunstzeitschriften in Berlin als Kulturvermittler

Translated title of the contribution: Education, Arts and Entertainment: Jewish publisher and Russian art magazines in Berlin as cultural mediators

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Abstract

Berlin als Knotenpunkt
War die Vermittlung von Nachrichten bei der Entstehung des jüdischen Pressewesens als Kind der Haskala, der jüdischen Aufklärung, im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, von Gelehrtendiskursen geprägt, deren Kommunikationsfluss ausgehend von Berlin in Richtung Osteuropa verlief, so zeichnete sich 100 Jahre später ein Trend ab, der in umgekehrter Richtung verlief: Im Berlin der frühen 1920er Jahre etablierte sich ein russisches Presse- und Verlagswesen, das weitgehend aus den verlegerischen Tätigkeiten jüdischer Protagonisten aus St. Petersburg (bzw. Petrograd) und Moskau hervorging und mannigfaltige Verbindungen zu einer westlichen Leserschaft schuf.

Die jüdischen Verleger aus den russischen Metropolen spielten in Berlin, dieser, ersten Hauptstadt‘ der Russischen Emigration, nicht nur bei der Buchproduktion für die russischen Emigrantenmärkte eine wichtige vermittelnde Rolle. Sondern sie versorgten von hier aus auch den sowjetischen Büchermarkt. Ausschlaggebend dafür waren die Alphabetisierungskampagnen der neuen sowjetischen Eliten, die breiten Schichten der Bevölkerung den Zugang zu Literatur und Bildung zu ermöglichen bestrebt waren. Häufig entstanden Verlagsprodukte sogar in enger Zusammenarbeit zwischen prosowjetischen Verlagsunternehmen und russischen Emigrantenverlagen, die sich vor allem seit 1921 in Berlin ansiedelten und mitunter von deutschen Verlagen wie Mosse oder Ullstein mitfinanziert wurden – ein Phänomen, das einzigartig in der Geschichte des Verlagswesens ist.

Für die Ansiedlung ausländischer Verlage bot Berlin während der Inflationszeit durchaus attraktive Arbeitsbedingungen an. Neben den niedrigen Produktions- und Versandkosten zählten dazu die zuverlässigen Arbeitskräfte und guten Übersetzer, die zu niedrigen Löhnen beschäftigt werden konnten. Auch jiddische Verlagsunternehmen ließen sich in dieser Zeit in Berlin nieder. Die Anerkennung der jiddischen Sprachgemeinschaft durch ein internationales Gremium – die Pariser Friedenskonferenz – hatte zuvor bewirkt, dass jüdischen Zeitungen, Bildungseinrichtungen und Bibliotheken in Mittel- und Osteuropa fortan ein stärkerer kultureller und nationaler Erziehungsfaktor zugeschrieben wurde. Die dadurch begünstigte Buchproduktion schloss die Übersetzung von Klassikern der Weltliteratur ein. Infolgedessen etablierte sich Berlin nun auch als wichtiges Vermittlungs- und Verbindungszentrum zwischen den rund 10 Millionen Juden Osteuropas und der 5 Millionen starken jüdischen Bevölkerung Amerikas.
Translated title of the contributionEducation, Arts and Entertainment: Jewish publisher and Russian art magazines in Berlin as cultural mediators
Original languageGerman
Title of host publicationZirkulation Von Nachrichten Und Waren
Subtitle of host publicationStadtleben, Medien Und Konsum
EditorsAnna Ananieva
PublisherEberhard Karls Universität Tübingen
Pages119-126
Number of pages8
Publication statusPublished - 2016

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